Hendrik am Mittwoch, 14. Juni 2023 - Donnerstag, 15. Juni 2023 in 2023
Hellegat nach Blankenberge

Über die Oosterschelde nach Belgien

Oosterschelde

Nach dem Ankermanöver kann ich erst einmal zwei Stunden segeln bis zur Krammersluis. Dort wird es dann das erste Mal richtig voll in der Schleuse. Es liegen einige Motorboote und Segler an den Wartestegen. Als die Schleuse geöffnet wird läuft es erst noch geordnet und alle reihen sich recht vernünftig vor den Toren auf. Nur ein niederländischer Segler meint er müsse sich in wilden Schlangenlinien durch die wartenden drängen. Kurz vor der Schleuseneinfahrt muss schließlich auch der Drängler anhalten und kommt keinen halben Meter neben mir zum Stehen. Dank Seitenwind und Drift beim Aufstoppen knallen wir einmal kräftig aneinander. Zum Glück sind wir beide bereits für die Schleuse gut gefendert und es kommt keiner zu Schaden.

In der Schleusenkammer wird jeder Quadratzentimeter ausgenutzt. Mein Vordermann angelt meinen Bugkorb mit seinem Pekhaken um mich zu stabilisieren und das letzte Stück ranzurücken. Zwischen Lua und das Motorboot auf der anderen Seite der schmalen Kammer wird noch ein kleines Segelboot geschoben. Vertreiben kann am Ende keiner mehr.

Nach der Krammersluis bin ich auf der Oosterschelde. Hier lässt es sich wieder schön segeln, auch wenn der Strom auf den letzten Meilen wieder etwas zu schaffen macht.

Halb fünf motore ich die Rinne zur Zandkreeksluis hinauf. Diese Schleuse führt von der Oosterschelde auf das Veerse Meer. Schon von weitem sehe ich wie die Autobahnbrücke über der Schleuse geöffnet wird und richte mich auf eine längere Wartezeit ein. Doch nach zehn Minuten ist die Brücke immer noch oben. Weitere zehn Minuten später erreiche ich die Schleuse und kann ungehindert einfahren. Gleich hinter mir wird die Brücke wieder herabgelassen.

Erst später erkenne ich, wie der Schleusenmeister die Brücke so lange für mich hat offen lassen können. Die Schleuse hat an beiden Enden eine Klappbrücke. Die Autobahn läuft normalerweise über die östliche Brücke, die jetzt gerade für eine knappe halbe Stunde geöffnet war. Während die Brücke geöffnet ist wird der Verkehr umgeleitet und über die westliche Brücke geschickt. So kann die Schleuse in Ruhe bedient werden, auch mal etwas länger auf die Einfahrt gewartet werden, ohne den Verkehr großartig zu behindern.

Zandkreeksluis mit der Autobahnumleitung (Foto: Rijkswaterstaat)

Gleich hinter der Schleuse gibt es einen kleinen freistehenden Steg an den ich mich ganz langsam herantaste. Es ist gerade noch tief genug und so finde ich meinen Platz für die Nacht.

Veerse Meer, Westerschelde, Nordsee, Belgien

Ein kleines Stück kann ich am Donnerstag wieder segeln, bis der sowieso schon schwache Wind ganz einschläft und nur noch momentweise ein wenig pustet.

Mittags geht es durch die Sluis Veere wieder auf den Kanal. Die Schleuse wurde 1870 eröffnet und das alter sieht man der Schleusenkammer an. Statt aus Beton und Stahl sind die Kammerwände aus groben Steinen gemauert. Neben den Kammern stehen noch zwei Kanonen.

Ich hatte damit gerechnet, Vlissingen erst am Abend zu erreichen. Mehrere der Brücken über den Kanal haben feste Öffnungszeiten, die zu einiger Wartezeit führen sollten. Wirkilch warten muss ich aber nur am Ortseingang Middelburg. Alle anderen Brücken halten sich nicht an die angegebenen Zeiten und öffnen sofort bei Annäherung.

Es läuft also alles schneller als erwartet und kurz vor vier bin ich bereits in Vlissingen angekommen. Die letzte Schleuse, die vom Kanal auf die Westerschelde und zurück auf die Nordsee führt, ist laut offiziellen Meldungen bis halb fünf wegen Bauarbeiten gesperrt. Doch selbst die Schleuse ist bereits in Betrieb und winkt mich rein sobald ich in die Nähe komme. Um fünf nach vier habe ich offenes Wasser vor mir. Dazu kräftigen Strom und Unmengen von Frachtern und Tankern.

Zunächst knicke ich wie geplant zum Jachthafen ab, rechne dann aber nochmal nach und entscheide mich heute direkt nach Blankenberge weiterzulaufen. Das sollte ich noch bei Tageslicht schaffen, die Tide passt und es ist allemal angenehmer, als morgen um fünf Uhr auszulaufen.
Also kämpfe ich mich gegen den Strom zurück in Richtung Schleuse um den Schifffahrtsweg an einer Engstelle auf die belgische Seite zu kreuzen, schlängel mich zwischen der Berufsschiffahrt hindurch und setze Segel.

Jetzt beginnt eine Rauschefahrt. Der Strom schiebt mich auf die Nordsee und ich rase mit über acht Knoten Fahrt aus der Westerschelde hinaus. Hinter Zeebrügge lässt es etwas nach, sechs bis sieben Knoten kann ich aber weiterhin halten.

Vor Blankenberge muss ich dann wieder stark gegen den Strom vorhalten um die Einfahrt zu treffen. Um acht Uhr mache ich an der Tankstelle fest und fülle meinen Dieseltank sowie die Kanister. Insgesamt hunderdreißig Liter zu knapp ein Euro achtzig. Das reißt ein kläffendes Loch in die Bordkasse.

Nach einem kurzen Stopp am Meldesteg bin ich eine Stunde später fest in einer Box der Vrije Noordzee Zejlers, von denen mir zwei gleich tatkräftig beim Anlegen helfen.