Tage auf Norderney
Die meisten wollen wohl heute hierbleiben. Zum Glück gehen aber ein paar wenige Boote morgens bei Hochwasser raus und ich kann mich auf einen freien Liegeplatz verholen. Anschließend Frühstück im sonnigen Cockpit bevor ich die Kuchenbode aufbaue um mich gegen den kalten Wind zu schützen. Ein paar Boote weiter wird gemunkelt, dass wir morgen alle Sonnenbrand und Erkältung haben werden.
Viel Zeit verbringe ich heute am Computer und schreibe ein paar Skripte, die es mir
ermöglichen auf meinem einfachen Satellitenkommunikator GRIB-ähnliche
Windvorhersagen zu empfangen.
Der Zoleo unterstützt nur einfache Textnachrichten
per Mail oder SMS. Simple Wettervorhersagen für einzelne Koordinaten kann man sich
vom Anbieter zwar für einen Preis auch schicken lassen, das ist aber natürlich etwas
beschränkt in der Aussagekraft oder es bräuchte ein gutes Dutzend Punktvorhersagen
um ein Bild von der Umgebung zu bekommen.
Mit meiner eigenen Lösung kann ich mit einer Nachricht Vorhersagen für
ein von mir ausgewähltes Gebiet, Auflösung und Zeitraum anfragen und mir
anschließend am PC als Karten anzeigen lassen. Abgesehen von den
Nachrichteneinheiten ist das ganze kostenlos.
Und so läuft das dann ab:
- Ich sende über Zoleo eine Nachricht an eine spezielle E-Mail-Adresse mit
Wettermodell, Bereich in Koordinaten, Auflösung in Längengraden und
Breitengraden und Stunden ab jetzt. Beispiel:
gfs:55n,45n,8e,2e|2,2|12,24,36,48|wind
Modell ist GFS, Bereich geht von 55°N 8°E bis 45°N 2°E mit einer Auflösung von 2° in beiden Richtungen und Vorhersagen für die nächsten 12, 24, 36 und 48 Stunden. - Nachdem die Mail eingeht ruft mein Server (der gleiche Server, auf dem mein Blog liegt) die angefragten GRIB-Daten ab und vereinfacht diese. Windgeschwindigkeiten werden auf fünf Knoten gerundet, Windrichtungen auf sechzehn Richtungen.
- Die vereinfachten binären GRIB-Daten werden als Text kodiert und bei Bedarf auf mehrere Nachrichten mit maximal 200 Zeichen aufgeteilt. Das ist die maximale Nachrichtenlänge bei Zoleo.
- Die Nachrichten werden als Mail an meinen Zoleo geschickt.
- Ich kopiere die empfangenen Nachrichten in eine Textdatei, die ich vom Smartphone auf den PC übertrage um dort die Windkarten zu generieren.
Kurz nach dem Abendessen legt neben mir eine dänische Oceanis 393 an. Die Emma plant fünf Jahre Auszeit und ist wie ich zunächst auf dem Weg nach Lauwersoog und zur Staande Mastroute durch die Niederlande. Den Plan Montag bereits weiterzufahren verwerfen sie aber schließlich. Der starke Nordwind türmt abschreckende Wellen im Seegatt auf.
Dienstag haben die Geschäfte und die Post wieder geöffnet. Ich laufe zuerst zur Post im Ort um ein Päckchen aus Hamburg abzuholen. Doch der Transport zur Insel dauert wohl etwas länger und nach einer guten Woche Versandzeit ist noch nichts für mich angekommen. Morgen deutet sich als einziger Tag mit passendem Wind für die Weiterreise nach Lauwersoog an. Den möchte ich natürlich ungern verpassen, also muss die Sendung wohl zurückgehen.
Ich spaziere am Strand entlang zurück zum Hafen und kaufe auf dem Weg noch ein bisschen ein.
Die Emma ist heute auch noch geblieben und will morgen mit mir gegen acht Uhr auslaufen. Das ist eine Stunde vor Hochwasser und sollte uns genügend Ruhe im Dovetief und auch genug Zeit für den Weg nach Lauwersoog geben.