Norderney
Um sechs Uhr stehe ich auf, schlüpfe in mehrere Lagen Funktionswäsche, frühstücke und schmiere Brote für unterwegs. Auf den Stegen ist schon reges Treiben, die ersten gehen bereits kurz nach sieben raus. Wind weht wie vorhergesagt kaum. Die Sonne scheint. Eine meiner vielen Schichten ziehe ich gleich wieder aus um bein Ablegen nicht ins Schwitzen zu kommen.
Gerne hätte ich den leichten Wind zum Segeln genutzt, aber Trödeln kann ich mir nicht erlauben, sonst komme ich erst bei Niedrigwasser vor Norderney an und komme nicht rein. Also schiebt mich der Motor mit Unterstützung des ablaufenden Wassers aus der Elbe heraus. Dank des Stroms komme ich so teilweise auf über acht Knoten Fahrt. Die leergeräumten Regattaboote mit High-Tech-Tüchern laufen vielleicht vier bis fünf Knoten und sind schnell achteraus.
Kurz vor dem Verkehrstrennungsgebiet "Elbe Approach" kreuze ich das Fahrwasser und nehme Kurs auf die Ansteuerung vom Dovetief vor Norderney. Auf dieser Seite merkt man vom ablaufenden Wasser kaum noch was und es geht wieder mit normalen fünf bis fünfeinhalb Knoten weiter.
Ab der Wesermündung läuft der Strom dann merklich gegenan. Es fehlt ein guter Knoten. Selbst mit erhöhter Drehzahl kommen nur noch knapp fünf Knoten zusammen. Langsamer darf nicht, sonst passt das mit dem Seegatt nicht. Als am Nachmittag ein bisschen mehr Wind aufkommt hadere ich lange mit der Entscheidung Segel zu setzen. Überzeugt bin ich nicht, dass der Wind für die nötige Geschwindigkeit reicht. Als ich mich schließlich dazu durchringe bestätigt sich meine Vermutung. Großsegel und Genua bleiben stehen und ich starte wieder die Maschine. So gewinne ich immerhin einen guten halben Knoten über reine Motofahrt.
Kurz nach sechs, eine gute Stunde nach Hochwasser erreiche ich das Dovetief. Die Tonnen sind leicht zu finden und erst hinterm Gatt setzt der Gegenstrom ein. Vor der Hafeneinfahrt drückt der dann so stark seitlich, dass ich mit Vollgas fünfundvierzig Grad vorhalten muss um sicher hinter die Mole zu gelangen.
Im Jachthafen ist es voll. Richtig voll. Alle Plätze und Ecken sind schon belegt. Aber der Hafenmeister ist bemüht und weist mir einen letzten Platz mit "Besetzt"-Schild zu. Ich muss nur bis morgen Mittag da wieder raus.